Dieses Portrait wurde im Bulletin Dezember 2016, dem offiziellen Verbandsorgan des Berufsverbandes Sozialbegleitung, veröffentlicht
Portrait SoJA – Sozialbegleitung JA – Daniela Hoffmann
Ende März 2016 schloss ich meine berufsbegleitende Fortbildung mit dem Fachausweis zur Sozialbegleiterin ab und hielt nun meinen FA-Ausweis mit grosser Freude in den Händen.
Wie soll ich all mein Können und Wissen jetzt im Berufsalltag umsetzen, welchen Rahmen soll ich wählen? Fest angestellt oder selbstständig?
Ich entschied mich für das Wagnis der Selbstständigkeit, in Kombination mit einer 30prozentigen Festanstellung beim Amt für Jugend- und Berufsberatung.
Aufgrund meiner Biographie und meiner familiären Erfahrungen kann ich sehr offen und vorurteilsfrei auf Menschen zugehen. Es erschreckt mich nicht, wenn Menschen von der Norm abweichen oder ihre Lebenssituation nicht der hier gelebten Normalität entspricht. Das weckt eher mein Interesse und lässt mich an den Pinguin-Vergleich von Dr. Eckart von Hirschhausen (Arzt, Moderator, Schriftsteller und Kabarettist) denken: Der Pinguin an sich ist von plumper Statur, seine Flügel sind zu kurz, und wenn er an Land watschelt, wirkt er unbeholfen und ein wenig lächerlich. Aber taucht er in das Wasser ein - sein Element - so zeigt er sich als genialer Schwimmer.
Bei meinen Klienten geht es mir also darum ihnen zu helfen, ihr Element wieder zu finden, oder sich zumindest in dessen Nähe zu trauen, oder sich den Weg dorthin nicht noch weiter zu erschweren oder sogar zu verbauen. Immer geht es in meiner Arbeit also um Empowerment, um das Finden oder das Stärken von Selbstbewusstsein.
Meine Klienten finde ich über verschiedene Wege. Über meinen Facebook-Auftritt oder meine Website, durch persönliche Kontakte und Vorstellungen bei den Gemeinden, aber vor allen Dingen auch durch Empfehlungen. Beispielsweise von meinem Arbeitgeber, bei dem ich seit über 2 Jahren eine Anstellung in der Jugendarbeit habe. Durch ihn bin ich in Kontakt mit Berufsbeiständen gekommen. Die Aufgabe der Berufsbeistände ist der Erwachsenen- und Kindesschutz. Sie vermitteln mir – wenn sie den Bedarf zusätzlicher Sozialbegleitung sehen – den Kontakt zu Gemeinden, Schulen oder auch privat zahlende Klienten, denen SoJA dann Unterstützung bieten kann. Dabei erlebe ich die unterschiedlichsten Situationen, so vielfältig wie das Leben sich zeigt!
Fallbeschreibungen
Eine alleinerziehende Mutter mit ihren fünf Jungs unterstützt SoJA wöchentlich bei der Bewältigung des Familienalltags. Dazu gehört u.a. das behutsame Wiedereinführen ordentlicher Zustände im Wohnumfeld und in der Familie, die den Kindern und auch der Mutter wieder Sicherheit und soziale Normalität geben. Die Anzeichen stehen gut, dass die Familienfrau ab Herbst ihre Aufgaben wieder selbstständig bewältigen kann.
Einen Mann mit einer kognitiven Einschränkung habe ich zu Ämtern und Ärzten begleitet. Darüber hinaus habe ich ihn bei seiner Biographie-Arbeit unterstützt und dabei herausgefunden, wo und wie er seine Kindheit verbracht hat, und dass er gute Erinnerungen daran hat. Ich helfe nun dabei, diesen Ort zu seinem neuen Lebensmittelpunkt zu machen. Dort kann er dann seinen letzten Lebensabschnitt verbringen, und an seine positiven Kindheitserlebnisse anknüpfen.
Ganz anders gestaltet sich die Begleitung einer Wohngemeinschaft mit älteren Menschen, die wegen Reklamationen der Nachbarschaft Probleme bekam. Ihr eigenwilliger Lebensstil und die Ansprüche der Nachbarschaft klaffen weit auseinander. Ich arbeite mit den WG-Mitgliedern und helfe ihnen beim Ordnung schaffen in ihrem Wohnumfeld, auch im übertragenen Sinn mit dem Aufräumen nachbarschaftlicher Konflikte. Es entwickeln sich spannende Gespräche über verschiedene Lebensführungen und Kompromisse, die es für ein friedvolles Zusammenleben braucht.
Eine Jugendliche, die zuhause stellvertretend die Mutterrolle einnehmen musste, sich um ihre Geschwister kümmert und darum in der Schule nicht wie gewünscht bestehen kann, begleite ich durch ihr letztes Schuljahr. Um dieser jungen Frau Stabilität und eine verlässliche Beziehung zu bieten, hat mich die Schulpflege engagiert und bezahlt mich auch.
Honorierung meiner Arbeit
Meine Auftraggeber sind Gemeinden, Schulen, Eltern, Familienangehörige oder die Beistände der Klienten, die mein Engagement mit Geldern aus Stiftungen finanzieren.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Die enge Zusammenarbeit mit der Schulpsychologie, dem Erwachsenenschutz oder der Jugend- und Familienberatung ist für den Klienten wichtig und notwendig. So wurde in gemeinsamer Absprache einmal meine Begleitung frühzeitig beendet, weil es besser war, die Klientin stationär weiter zu betreuen. Oder meine Begleitungen wurde verlängert, weil sich Vorwärtsschritte zeigten und mein Engagement überzeugte.
Ich tausche mich gerne und regelmässig mit meinen Auftragsvermittlern aus. Das macht es mir auch möglich, schnell auf neue Herausforderungen zu reagieren und meine Begleitung sich ändernden Umständen anzupassen.
Als Mitglied des Berufsverbands geniesse ich die Gespräche im Rahmen von Mitgliederversammlungen oder von Weiterbildungen. Ausserdem engagiere ich mich neu in der Vorstandsarbeit des Berufsverbands. Dieser ermöglicht gemeinsam mit der Trägerschaft den tertiären Abschluss als Sozialbegleiter/in.
Was ich mir noch wünsche ist der Kontakt und Austausch mit anderen selbstständig arbeitenden Sozialbegleitern, von denen es noch nicht viele gibt.
Das Profil der Sozialbegleitung ist daran, sich im grossen Feld der Sozialen Arbeit zu etablieren. Wenn ich die gesellschaftliche Entwicklung beobachte, werden wir Sozialbegleiter/innen immer wichtiger.
Es ist mir ein Anliegen, die vielen Möglichkeiten dieser Berufsgruppe breiter bekannt zu machen und freue mich auf das Engagement!
Daniela Hoffmann